Lichtkinetische Arbeiten
Mithilfe von Rasterfolien entwickelte Piene Anfang der 1960er Jahre Lichtkinetische Plastiken, die, obwohl teilweise aus Metall bestehend, durch ihre Perforierung und den Einsatz von Licht, eine große Leichtigkeit ausstrahlen, sodass sie treffend als Lichtballette bezeichnet werden. Dies trifft im Kern die Assoziation, die diese Kunstwerke anbieten: Obwohl sie einerseits eine starre Form haben, beginnen sie mit dem Licht und der Luft zu tanzen. Mit einer solchen Installation war Piene bereits 1964 auf der documenta 3 in einer Gemeinschaftsausstellung mit den anderen ZERO-Mitgliedern Heinz Mack und Günter Uecker zu sehen.
Rauchzeichnungen und Feuergouachen
Ebenfalls sehr früh entwickelte Piene Kunstwerke mit dem Element Feuer. Zunächst nahm er dabei die Rasterfolien aus seinen Lichtplastiken zu Hilfe und ließ durch die Perforierung Rauch auf Papier gleiten. Der abgesetzte Ruß bildete anschließend eine Zeichnung auf dem Papier. Piene experimentierte hierbei einerseits mit Element Feuer, andererseits weichte er damit die Grenzen der eigenen künstlerischen Identität auf: nicht mehr er allein war Urheber der Kunstwerke, sondern auch der Rauch, der sich seinen Weg durch die Perforierung bahnte. Später setzte Piene auch aktiv Feuer in seinen Papier- und Öl-Arbeiten ein, indem er das Fixativ oder die Farbe selbst anzündete. Bei diesen Arbeiten war vor allem die Unberechenbarkeit des Feuers der Faktor, der Pienes stetes Interesse an Übergängen aufzeigt: In einem kurzen Moment entschied sich dabei, ob das Papier zu einem Kunstwerk wurde oder ob es verbrennt. 1967 wurden seine Arbeiten in einer ersten Retrospektive im Dortmunder Museum Ostwall gezeigt.
Sky Art
Piene lebte ab den 1960er Jahren in den USA, wo er zunächst als Fellow am Centre for Advanced Visual Studies (CAVS), später als dessen Direktor arbeitete. Gemeinsam mit den Kolleg*innen und Studierenden des Instituts realisierte Piene weiterhin lichtkinetische Environments, entwickelte mit der Sky Art aber zudem Kunstwerke, die besonderen Fokus auf das Element Luft legten. So entstand z.B. zur Abschlussfeier der Olympischen Sommerspiele in München 1972 ein riesiger, mit Helium gefüllter Regenbogen. Auch an der documenta 6 nahm Piene 1977 gemeinsam mit dem CAVS teil.
Architektur
Die Ganzheitlichkeit von Pienes Kunstauffassung zeigt sich auch dadurch, dass er sich bisweilen als Architekt betätigte. Die von ihm 2007 gestaltete Landmarke Geleucht auf der Halde Rheinpreußen bei Moers ist ein Beispiel dafür, wie Pienes Interesse an Übergängen und den Elementen in einem Kunstwerk zusammenfindet.
Anlässlich zweier ihm gewidmeter Ausstellungen war Otto Piene 2014 in Berlin. Dort starb er während einer Taxifahrt. Posthum fand ein letztes Sky-Art-Event statt.