Georg Kolbe

Provenienz:

Auktionshaus Grisebach, Berlin (1995)

Galerie Peter Westenhoff, Hamburg

Privatsammlung, Hamburg

Hubertus Melsheimer Kunsthandel, Köln

Privatsammlung, Schweiz/Deutschland

Ausstellung:
Kollektivausstellung der Preußischen Akademie der Künste (Sonderraum Georg Kolbe), Berlin 1924

Literatur:
Ausst.-Kat. Berlin 1997/98, Bremen 1998
Georg-Kolbe-Museum: Georg Kolbe 1877–1947, Ausst.-Kat., Berlin (16. November 1997 bis 1. Februar 1998) und Gerhard-Marcks-Haus, Bremen (8. Februar bis 19. April 1998) München/New York 1997, Kat. Nr. 51, Farbabb. S. 53.
Rudolf B. Binding: Vom Leben der Plastik. Inhalt und Schönheit des Werkes von Georg Kolbe, Ausst.-Kat., Berlin 1933 bzw.1941, S. 50.
Ludwig Justi: Georg Kolbe, Berlin 1931, Abb. 9

Georg Kolbes Figur Adagio gehört zu den bekanntesten Skulpturen des Künstlers. In der Berliner Gießerei Noack, in der auch Käthe Kollwitz ihre Skulpturen gießen ließ, entstand 1923 dieser Bronzeguss. In den Jahren 1919 bis 1921 war Georg Kolbe Präsident der Freien Secession in Berlin und fand im Zuge dessen in einen intensiven Austausch mit den Künstlern des Expressionismus. Seine formale Geschlossenheit und klare Linienführung Anfang und Mitte der 1920er Jahre, wie etwa in Adagio sichtbar, wurde von damaligen Zeitgenossen nicht nur positiv aufgenommen. Heute beweist sie seine künstlerische Elaboration und Eigenständigkeit.
Die dargestellte Frau neigt andächtig ihren Kopf leicht zur Seite. Mund und Augen sind verschlossen, das Haar ordentlich zurückgekämmt. Auf der Brust liegen ihre gefalteten Hände. Der schlanke, hochgewachsene Körper steht in leichter Beugung auf der Plinthe, wobei die Beine durch ihr umgelegtes Gewand durchscheinen. Dazu im Kontrast steht der kantige Faltenwurf des Tuches, welches locker über die Schultern geworfen ist und von den Armen der Frau festgehalten wird. Die Frau erscheint friedlich und in sich gekehrt, ganz in ihre Gedanken versunken. Obwohl dargestellt völlig ohne religiöse Attribute, meint man fast schon vor einer Heiligen zu stehen.
„Adagio“ ist ein Begriff aus dem Italienischen und findet in der Musik Gebrauch als Angabe für ruhiges, langsames Spiel. Ähnlich wie die musikalische Tempoangabe strahlt die Skulptur Ruhe und Bedachtheit aus. Nicht die dargestellte Figur ist in den Fokus gerückt, sondern die Reduziertheit und Kontemplation des Ausdrucks. Kolbe verwendet diese reduzierte Formsprache, die jedoch die Komplexität der menschlichen Anatomie gekonnt einfängt; ein meisterhaftes Beispiel für die Darstellung der androgynen Schönheit im Kontrast zu seinen sonst weichen Darstellungen der Weiblichkeit.

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