Max Beckmann

Max Beckmanns „Blühender Garten“ aus dem Jahr 1933 zeigt einen Garten voller Energie, als wäre er in einem Moment der Ruhe vor einem Sommergewitter gemalt worden. Seine Pinselstriche machen auf sich mit schwarzen Umrissen, bebenden Blumen und einem stillen Schwimmbecken aufmerksam.
Beckmann wurde als Maler der Neuen Sachlichkeit bekannt, einer deutschen Avantgardebewegung nach dem Ersten Weltkrieg, die sich gegen den hellen und emotionalen deutschen Expressionismus der Vorkriegszeit wandte. Mit Werken wie Die Nacht, 1918-1919, schilderte Beckmann die Schrecken des Ersten Weltkriegs aus einem verzerrten und desillusionierten Blickwinkel. Der ruhige und doch bedrohliche Blühende Garten greift die gesellschaftliche Dringlichkeit der Neuen Sachlichkeit auf, als Absage an die passive Hinnahme des Aufstiegs des Nationalsozialismus in Deutschland; in Beckmanns Augen sind sogar die Narzissen und Fingerhüte betroffen.
Im Jahr 1933, dem Jahr, in dem er den Blühenden Garten malte, wurde Beckmann von der Frankfurter Kunsthochschule entlassen, nachdem Hitler zum Reichskanzler ernannt worden war. In den folgenden Jahren wird Beckmann als „entarteter Künstler“ geächtet und flieht schließlich bei Ausbruch des Zweiten Weltkriegs nach Amsterdam. Diese politische Spannung schwelt unter der Oberfläche von Beckmanns gelassenem Blühenden Garten, der in stimmungsvollen Blau- und Grüntönen gehalten ist.
Bei dem blühenden Garten handelt es sich wahrscheinlich um die Villa Kaulbach – das bayerische Anwesen von Beckmanns Schwiegereltern. Zwischen 1930 und 1935 reisten Beckmann und seine Frau Mathilde „Quappi“ von Kaulbach häufig in den Urlaub nach Ohlstadt, Oberbayern, in das Haus der Kaulbachs. Das von Quappis Vater, dem bekannten deutschen Maler Friedrich August von Kaulbach, erbaute Haus verfügte über ein großes Malatelier, das Beckmann häufig nutzte. Die Villa Kaulbach wurde zu einem willkommenen Rückzugsort für den Künstler, der, entmutigt durch die faschistische Zensur der deutschen Avantgarde, die Gelegenheit nutzte, sich seinen Naturbildern zu widmen.
Beckmann begann seine Karriere als Landschaftsmaler und hatte immer eine Vorliebe für dieses Genre. Beckmanns stimmungsvolle Naturschilderungen lassen zwar auf einen impressionistischen Einfluss schließen, doch in Wirklichkeit stand der Künstler in enger Verbindung mit dem Erbe des postimpressionistischen Malers Paul Cézanne. Ausgehend von Cézannes ausgeprägtem Sinn für malerische Ordnung wählte Beckmann für seine Landschaften einen eher flickenteppichartigen Ansatz, der in den zackigen Pinselstrichen und kühnen schwarzen Linien des Blühenden Gartens deutlich wird und in starkem Kontrast zu Cézannes geschichtetem, konstruktivem Farbauftrag steht.
Carla Schulz-Hoffmann bemerkte, dass „Beckmanns Werk immer auf zwei Ebenen existiert… selbst wenn ein Werk als atemberaubende Peinture erscheint, lockt es den Betrachter in eine trügerische Sicherheit, die nur eine Fassade für den Abgrund ist, der sich dahinter abzeichnet.“ In der vorliegenden Arbeit ist diese Technik vordergründig, offensichtlich. Obwohl es wie eine einfache Gartenszene aussieht, kann man dieses beeindruckende Werk nicht von dem Kontext trennen, in dem es gemalt wurde – nämlich den zunehmenden Spannungen in der Heimatstadt des Künstlers, Frankfurt, und seinem drohenden Exil aus Deutschland. Der Blühende Garten, der zu einem entscheidenden Zeitpunkt in der Karriere des Künstlers gemalt wurde, ist gleichzeitig ein Zeugnis für das Wissen des Künstlers um die Dunkelheit der Welt, der er gedachte, und eine Feier der Schönheit der Natur, die trotz allem weiter blüht.

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